Ich lese "Die Welt als Entwurf" von Otl Aicher

... ein Buch über Industriedesign. Grundthese ist wohl - wenn ich das richtig verstanden habe - dass Design dazu dient dem Verbraucher zu ermöglichen das Produkt richtig und gut zu verwenden. Das heißt, Design ist eben keine Kunst und wenn man es nur als Verpackung für etwas verwendet ist es schlechtes Design. Später dann vielleicht mehr davon.

Wer wissen möchte wer Otl Aicher war.

jenaschinder - 26. Sep, 07:59

gutes Textdesign

... hmh, was mir erst gestern abend aufgefallen ist: Der Text des Buches ist komplett ohne Großbuchstaben geschrieben (das ist mir natürlich direkt aufgefallen, aber die Beurteilung kam erst später) und ich frage mich jetzt, inwiefern das gute Textgestaltung ist... Der Lesbarkeit des Buches dient es auf jeden Fall nicht. Ob der Autor vielleicht doch so ein affektierter Ich-bin-was-besonderes-Heini ist? Oder ob seine Frau (oder Verwandte), die im Impressum als copyright-Trägerin aufgeführt ist, so eine ist? Oder vielleicht der Verleger? Mal sehen.

jenaschinder - 28. Sep, 09:44

... die nächsten Kapitel

Der Herr Aicher hat offenbar ein Problem mit Stühlen, die gut aussehen (sollen) aber unbequem sind. Ich muss ja zugeben, dass viele Stühle in Möbelhäusern wirklich unbequem sind (und dann auch noch selten gut aussehen), aber muss dass das dann in jedem Kapitel erwähnt werden? Außerdem springt er ein wenig in seiner Argumentation, was es schwer macht, ihm zu folgen.

Aber in dem Text Ästhetische Existenz schreibt er darüber inwiefern Ästhetik (Stil, "Körperdesign", "Ego-Design") heutzutage als Distinktionsmerkmal in der Gesellschaft dient und macht folgende tollen (und wohl kritisch gemeinten) Sätze:

"Die Ästhetik des feinen Mannes war immer die Ästhetik des Unpraktischen, des Zweckenthobenen, des Unmotivierten, des Funktionslosen"

und:

"Man muss sich danebenbenehmen können. Die Kunst hat sich immer danebenbenommen. Daraus wird heute gefolgert:wer sich danebenbenimmt, macht kunst, ist ein Kunstwerk."

Ich find's super :)


jenaschinder - 26. Okt, 08:44

Keine Lust mehr

Inzwischen habe ich in dem Buch weitergeblättert - und festgestellt, dass es eine einzige Rekursion ist. Die zentralen Thesen des Herrn Aicher scheinen zu sein:

  • Design dient dazu etwas optimal und angenehm benutzbar zu machen. Design ist keine Kunst, selbst dann, wenn sie sehr gut aussieht. Designer, die die gestalteten Objekte aus rein ästhetischen Beweggründen kreieren, machen also ihre Arbeit (sehr) falsch.
  • Menschen und Organisationen, die Ästhetik als Selbstzweck propagieren oder fördern sind skeptisch zu beurteilen, da sie offenbar vom wirklichen Leben (oder Überlebenskampf/Klassenkampf - je nach Gemütslage des Lesers) ablenken wollen, um im schlimmsten Fall eigene dunkle Machenschaften zu verheimlichen. Zugespitzt gilt: Schlechtes Design ist ein Hinweis auf einen schlechten Charakter.
  • Gutes Design ist die Grundlage für eine Befreiung der Menschheit. Nur wenn sich die Kapazitäten der einzelnen frei entfalten können, weil sich die Dinge nicht mehr in den Weg stellen kann diese Welt wirklich gerettet werden.

Auch wenn ich diesen Thesen, nicht unbedingt in Ihrer ganzen Radikaltät, aber der Richtung nach, zustimmen kann. Und auch wenn ich eine gewisse Bewunderung für das Werk und die Arbeit dieses Mannes - bis ins hohe Alter wunderbar klare und funktionale Designs, ein klares und radikales Bekenntnis zu den Menschen und gegen die Macht - nicht verhehlen möchte, so muss ich doch sagen, dass mir seine Art zu schreiben auf den Keks geht. Wie bereits oben zu lesen, stört mich sein häufiges Springen von der detailverliebten Beschreibung eines Designers zu allgemeinen und rundumschlagenden Thesen, die aus dem Nichts aufzutauchen scheinen. Schade eigentlich, ich hätte mich wirklich gerne intensiver mit den Ideen Otl Aichers auseinandergesetzt, aber es macht einfach keinen Spaß diese Buch zu lesen.

In der Summe also: Inhalt - sehr gut, Stil - leider nur gerade noch ausreichend.


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jenaschinder.twoday.net - 26. Okt, 08:54

Zeichensysteme der visuellen Kommunikation von u.a. wieder Otl Aicher

Auch wenn ich hier eine fast vernichtende... [weiter]

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