Burn Weihnachtsmarkt, Burn!
Inzwischen hat ja wohl überall das Weihnachtsmarktgeschäft begonnen. Für mich ein Grund endgültig in Endzeitstimmung zu verfallen, da ich jeden Abend auf dem Weg nach Hause meinen Weg durch Touristenhorden, Glühweinalkoholiker und verzückte Billigromantiker bahnen muss. Und es ist endlich mal wieder ein Anlass etwas literarisches zu schreiben - was mich, um ehrlich zu sein, doch überrascht hat.
Das Stück ist ein literarisches Flugi gegen Überkommerz, eine misanthrope Adventslitanei (auch wenn es mehr als 4 Strophen hat), eine apokalytische Vision, ein Traum von der Demaskierung unserer Konsumwelt. Aber um es kurz zu machen, hier ist es:
Wann brennt der Aachener Weihnachtsmarkt?
Und wieder ist es Zeit für den gelben Schimmer,
der Funzelglühbirnen, des falschen Silbers und des falschen Goldes,
der nur den Betrug überglitzern soll.
Und wir stehen hier und staunen und glauben.
Und aus von Tannengrün umhüllten Lautsprechern
dröhnt Trompetengequake und Glöckchengebimmel herab -
Indifferentes, antiaggressives, weichspülerhaftes Knabenchorgeheule.
Und wir schunkeln und summen dazu.
Und halberfrorene 400-Euro-Jobber bieten uns
(in Asien? von Kindern?) hand(?)gefertigte Dinge an.
Dinge, die wir nie wieder haben wollten.
Und wir wollen sie und kaufen sie.
Und die Fressbuden reichen Fleisch seltsamer Provenienz über die Theke.
Zur Unkenntlichkeit gemahlen, mit Ersatzdarm umhüllt,
in unergründlicher Sauce ertränkt.
Und wir schaufeln das in uns rein.
Und der rote Saft hört niemals auf zu fließen,
aus Wasser, billigem Schnaps, Farbe und synthetischen Gewürzen gemischt,
bis zur Geschmacksunkenntlichkeit erwärmt.
Und wir verkleben damit unsere Mäuler.
Wenn es hier echte Freude gäbe in der nächsten Zeit,
wenn denn einer mal NEIN sagte, zu diesem Wahnsinn,
wenn denn jemand in diesem Rausch zur Liebe fähig wäre,
wir wären doch alle sehr überrascht.
Und so bleibt uns nur zu träumen.
Von einer helleren, einer wärmeren, einer schöneren Zeit.
Burn Weihnachtsmarkt, Burn!
Nachtrag
... und wer das hier als Aufforderung zur Brandstiftung liest, ist selber schuld. Wie gesagt, das hier halte ich für Literatur. Oder wie Horst Evers so schön sang: siehs metaebenig